Die Weiterentwicklung des Internets ist bereits in vollem Gang. Was künftig möglich sein wird, hängt von den technologischen Entwicklungen ab. Was sich durchsetzt, bestimmen zwei andere Faktoren: Verfügbarkeit und Verbreitung.
Das Internet hat sich in den drei Jahrzehnten seines Bestehens immer wieder verändert. Das Web 1.0, die erste Generation zu Beginn der 1990er-Jahre, war statisch, langsam und wenig benutzerfreundlich. Web-Entwickler produzierten simple statische Seiten und füllten sie mit Inhalten. Für die Nutzer war das Internet nicht mehr als ein Sammelsurium bereitgestellter Informationen.
In der nächsten Evolutionsstufe, die um 2005 begann, wurde das Internet zum «Mitmach-Internet». Diese Phase leitete eine Ära ein, in der sich das Web als neues Medium etablierte. Blogs und Plattformen wie Youtube schossen wie Pilze aus dem Boden, Vergleichsportale entdeckten die Möglichkeit von Nutzerbewertungen, Newsportale trieben den Traffic dank der Kommentarfunktionen weiter in die Höhe.
Das Web 2.0 brachte auch eine Verlagerung vom Desktop zu mobilen Geräten und von lokalen Speichern in die Cloud. Dank Smartphone und Apps wurde das Internet immer schneller und mobiler. Diese Phase wurde beherrscht von ein paar wenigen dominanten Plattformen, insbesondere den FAANG-Unternehmen: Facebook (mittlerweile Meta), Amazon, Apple, Netflix und Google.
Von Zentralisierung zu Dezentralisierung
Das Web 2.0 prägt die digitale Landschaft bis heute. Fast jeder Aspekt unseres Lebens – vom Einkaufen über Unterhaltung bis hin zum geschäftlichen Meeting – findet zu einem guten Teil online statt. Doch die hohe Nutzerfreundlichkeit und die vielen Einsatzmöglichkeiten des heutigen Internets kommen mit einem hohen Preis, den man lange Zeit etwas vernachlässigt hat: Die Zentralisierung hat zu einer unheimlichen Machtkonzentration geführt. Ein paar wenige Big Player teilen sich den Milliarden-Nutzer-Markt und sammeln nach Belieben Nutzerdaten, wodurch sie immer noch stärker werden.
Doch die Zeit der Zentralisierung könnte sich bald dem Ende zuneigen – schliesslich befinden wir uns am Übergang zum Web3. Im Kern geht es beim Web 3.0 um die Vision eines dezentralen, durch die Nutzer kontrollierten Ökosystems. In der Folge sollte auch die Macht der erwähnten Gatekeeper eingeschränkt werden.
Der entscheidende Vorteil des Web3 sind die Möglichkeiten bezüglich digitalen Eigentums. Persönliche Daten müssen nicht mehr einem Big Techs anvertraut werden. Die Blockchain ermöglicht es, die verschiedenen Online-Dienste zu nutzen, ohne dass die Hoheit über die eigenen Daten aufgegeben werden muss. Der vielleicht grösste Vorteil der Blockchain-Technologie, die spätestens seit dem Krypto-Hype in aller Munde ist: Sie macht jede Transaktion transparent und damit nachvollziehbar beziehungsweise verifizierbar.
Die Entwicklung des Internets
Web3: Dezentrale Speicherlösungen auf der Blockchain
Ein weiterer Vorteil des Web3 besteht darin, dass beim Ausfall eines Systems ein anderes übernehmen kann, sodass es nicht zu Unterbrüchen kommt. Und da diese Informationen verschlüsselt auf mehreren Computern gespeichert werden, sind die Daten unveränderlich. Das wiederum bedeutet: Es ist nahezu unmöglich, sie zu hacken oder zu manipulieren. Diese Dezentralisierung ist auch bei der Speicherung von Daten möglich, die aktuell grösstenteils über Cloud-Dienstleister wie Amazon Web Services geschieht.
Das gilt auch für verschiedene Web3-Projekte, deren Webseiten auf zentralen Servern gehostet werden. Um diese Schwachstelle auszumerzen, wurden dezentrale Speicherlösungen überhaupt erst entwickelt. Sie stellen eine wichtige Komponente des Web 3.0 dar und erfahren derzeit viel Aufwind.
Ein anderer Treiber der Web3-Entwicklungen ist Krypto Community beziehungsweise Digital Assets. Bitcoin hat vorgemacht, was viele Akteure im Web3 erreichen wollen: dank Dezentralisierung den Vermittler überflüssig werden lassen. Gleichzeitig ist Bitcoin die erste vollständig funktionsfähige «Dezentralisierte Autonome Organisation» (DAO). Bitcoin basiert auf klaren vorprogrammierten Regeln, funktioniert autonom, hat keine hierarchischen Strukturen und wird über ein dezentrales Konsens-Protokoll koordiniert.
Erste Anwendungen sind bereits in Betrieb
Mit der Entstehung von Ethereum im Jahr 2014 und dem Einsatz von Smart Contracts – selbstausführende Verträge auf Software-Basis – sind in den vergangenen Jahren diverse dezentrale Anwendungen aufgekommen. Im Kunst- oder Musikbereich sind es beispielsweise NFT, in der Bankenwelt Finanzdienstleistungen, die ohne Vermittler auskommen, 24/7 und ohne nationale Einschränkungen genutzt werden können.
Gemeint ist das «Dezentrale Finanzsystem» (DeFi), das unterschiedliche Finanzlösungen auf der Blockchain beschreibt. Dank Smart-Contract-Plattformen können traditionelle Finanzdienstleistungen wie Kredite, Zahlungen, Börsenhandel, Versicherungen oder Asset Management dezentral mittels Smart Contracts auf der Blockchain abgebildet werden.
Technische Fortschritte in allen Bereichen nötig
Kritiker bemängeln, das Web 3.0 habe keine Überlebenschancen. Sie kritisieren die Komplexität, die mangelnde Benutzerfreundlichkeit oder den fehlenden Rechtsrahmen. Ein Internet, das nur für Geeks – und allenfalls Kriminelle – einen Nutzen hat. Doch zumindest das mit der Nutzerfreundlichkeit war zu den Anfängen des Web 1.0 ja nicht anders: Damals musste man sich per Modem über Festnetztelefon ins Internet einwählen und wartete mehrere Stunden, um einen Song herunterzuladen.
Das Web 3.0 steht immer noch am Anfang seiner Entwicklung, die Web3-Infrastruktur steckt in den Kinderschuhen. Und das führt momentan tatsächlich oft zu Anwendungen, die kompliziert und wenig benutzerfreundlich sind. Auch viele regulatorische Fragen sind noch nicht geklärt. Welche Gesetze beispielsweise gelten für eine Website, die ihre Inhalte in einer Vielzahl von Ländern auf der ganzen Welt hostet?
Experten sind sich einig: Es gibt viele Unbekannte, was die finale Form des Web3 betrifft. Was alles möglich sein wird, hängt von der technischen Entwicklung. Die tatsächliche Nutzung hingegen wird durch die Verfügbarkeit und Verbreitung bestimmt. Das Web3 – sollte es sich durchsetzen – könnte somit durchaus eine Bedrohung für die Geschäftsmodelle der grossen Tech-Konzerne darstellen. Das dürfte mit ein Grund sein, dass erste US-Grossbanken – und auch die FAANG-Unternehmen selbst – Teile ihres Vermögens in das Web3 investieren.
Author: Madison Johnson
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